Alexander

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Bild Zeigt, die Vordere Tür eines Linienbuses, an einem Hochbord, ein Begleithund wartet davor

Barrierefreie Bushaltestellen - Unterwegs auf einem Fahrversuch

Beim Bau von barrierefreien Bushaltestellen treffen viele Beteiligte aufeinander. Die Gemeinden als Bauherr, je nach Straßenart Landes- oder Kreisverwaltung, Ingenieurbüros, Förderstellen und als Fachkundige für behinderte Menschen die Kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung. Ihre Stellungnahmen sind ausschlaggebend für die Förderfähigkeit der Haltestellen. Letzte Woche hatte ich die Chance, zusammen mit Frau Lychacz, Behindertenbeauftragte des Landkreises Ludwigsburg, unterwegs zu sein und einen Fahrversuch mitzuerleben.

Der Umbau von von einer regulären Bushaltestelle zu einer Barrierenfreie Haltestelle bringt so manche Herausforderung mit sich. Zum einen gilt es die geänderten Anfahrtsgeometrien zu berücksichtigen, zum Anderen ist der Ausbau durch taktile Leitsysteme und andere Ausstattungsmerkmale wie z.B. DFI - System (Digitales-Fahrgast-Informationssystemie) oder höhere Sitzgelegenheiten aufwendiger. So muß man die Chance ergreifen, von Anfang an alles richtig zu machen, denn hier werden große Summen für die nächsten Jahrzente verbaut. Blickt man zurück sind viele Haltestellen teilweise schon über 20 Jahre in Betrieb. Es gibt so viele Fehler, die gemacht werden können und realtiv schnell hat man eine unfunktionale Haltestelle, die wenn sie einmal fertig gestellt, für Jahre nicht mehr umgebaut wird, weil Nachbesserungen sehr aufwendig und damit teuer sind.. So zeigt es zumindest die momentane Situation. Das Land fördert den Ausbau, zieht aber auch gerne die Förderung bei fehlerhaften Haltestellen zurück.

Der zentrale Busbahnhof in Pforzheim / BW wurde in Zusammenarbeit mit Expert*innen aus eigener Erfahrung entworfen und umgesetzt.

Die Anfahrgeometrie erfordert ein geschultes Auge und das Verständnis für Kraftfahrzeuge. Eine vorhandene Busbucht kann beispielsweise im barrierefreien Betrieb nicht mehr benutzt werden, da der Bus diese nicht mehr korrekt anfahren kann. Ziel ist es, dass der Bus mit beiden Achsen des Motorwagens kraftschlüssig am weißen Hochbord steht, denn nur so können die vorgegebenen Abstände an den Türen von 5 cm eingehalten werden. Eine Tatsache, die einige Planungsbüros nicht verstehen und falsch umsetzten. Damit der Bus richtig steht, benötigt es einige Meter mehr, um das Fahrzeug auszurichten. So wächst die Buchtlänge in der Empfehlung von 30 Metern auf mehr als 80 Meter Länge. Eine Größe, die an vielen Orten in Städten und Gemeinden nicht einfach umzusetzen ist.

Schleppkurvendiagramm aus der Tiefbauplanung - hier wird berechnet wie der Bus optimal in die Bucht kommt. Der gelbe Weg ist das Optimum, alles was darüber hinaus geht ist entweder auf der Strasse oder überstreift den Gehweg. Die farbigen Linien zeigen den berechneten Verlauf an, welcher nicht der gelben Linie entspricht. Hier können Reifen, Unterbau und Türen an den Border streifen und schaden nehmen.

Der Fahrer des Busses wird so geschult, dass er entgegen dem, was er einmal gelernt hat, den Randstein mitnehmen muss, aber nur auf Höhe des Hochbordes. Das Vorderrad zieht quasi das Hinterrad zum Bord und daher benötigt es mehr Anlauf als gehabt. In Baden-Württemberg wird daher der Rückbau der Buchten an den Straßenrand empfohlen. Das spart zum einen Platz und beruhigt den Verkehr, da der Bus nicht überholt werden kann. Natürlich ist auch diese Lösung nicht immer möglich, denn es gibt zahlreiche Ausnahme-Situationen. Doch auch schon in der Planung gibt es Hilfsmittel wie Fahrbahntaschen oder -nasen. All diese Details würden den Rahmen hier jetzt sprengen.

Optimale Einstiegsbedingungen bei perfekter Anfahrt = < 5cm Absatz & < 5cm Spalt

Doch zurück zum Fahrversuch, bei einer Gemeinde, bei welcher die Bushaltestellen schon fertig gestellt waren, aber es Zweifel an der Funktionalität durch die Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung gab. Das Ziel von Frau Lychacz ist es, die größtmögliche Anzahl von barrierefreien, funktionalen Haltestellen zu erreichen, um die angestrebte Verkehrswende der Landesregierung für alle Beteiligten zu unterstützten. Bei zwei Haltestellen war man sich unsicher, es bestanden Fragen zur Planung und Umsetzung. Da die Haltestellen, wie bereits angedeutet, bereits umgesetzt waren, galt es, die Funktionalität zu beweisen und so der Gemeinde möglichst hohe Nachbesserungskosten zu ersparen.  Hier dient als letztes und profanes Mittel ein Fahrversuch, um die Funktionalität nachzuweisen. Übrigens macht das auch oft schon vor den Planungsarbeiten an schwierigen Haltestellen Sinn. (Hier arbeitet man mit Markierungen auf dem Boden)

 

Entwurf der optimalen barrierefreien Haltestelle mit Kapfunktion (die Haltestelle ragt wie ein Kap in die Fahrbahn hinein)

 

Der Bus fährt hierbei die Haltestellen in 3-5 Versuchen wie in der Realität an. Passt alles, reicht meist schon der erste Anlauf. Dann werden die Abstände der Türen 1 und 2 ausgemessen. Türe 1 ist hierbei als Zugang für sinneseingeschränkte Menschen gedacht und Tür 2 für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Weitere Türen des Busses werden nicht berücksichtigt. Der Abstand sollte hierbei für die Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit in der Breite sowie in der Höhe < 5cm sein. Wobei in der Höhe noch das Absenken des Busses (Kneeling) berücksichtigt werden kann. Es gibt viele technische Hilfsmittel, doch ist das Ziel, die Haltestelle normgerecht umzusetzen, sodass auch zukünftige Fahrzeuge dafür entwickelt werden können. Ein Negativ-Beispiel sind hierbei die unterschiedlichen Bahnsteighöhen der Bahn, bei welcher sich die Infrastruktur der Technik versucht anzupassen.

Dei Absenkung des Buses hin zum Hochbord nennt man Kneeling

Was nach Stillstand des Busses kommt, ist dann messen, vergleichen und nochmals messen. Dann wiederholtes Anfahren, um die Geschwindigkeiten im regulären Verkehr einzuschätzen und die Bremspunkte zu bewerten, bei welchen der Bus auf dem Bord aufsetzen könnte und beschädigt würde.

Die Ecke des Buses überstreift am Hochbord und kann beim Bremsen aufsitzen

In unserem Fall konnten wir zwar keine 100% perfekte Lösung nachweisen, doch sind die Haltestellen (eingeschränkt) barrierefrei nutzbar.

Das ich mal mit den ÖPNV unterwegs bin ist (war) eigenlich eine Ausnahme. Es war mir immer zu stressig. Aber man kann sich daran gewöhnen!!!

Fazit für mich, ein relativ großer Aufwand, den man vermeiden könnte, wenn alle Haltestellen nach Vorgabe geplant, geprüft und gebaut würden.

 

Von Alexander Lang für YouLife.Rocks

Bilder Privat und Internet (KVV - Leitfaden)

Mit freundlicher Genehmigung von Claudia Lychacz Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung beim Landkreis Ludwigsburg

Sie haben Themen bei der Umsetzung von Barrierefreien Haltestellen? Kontaktieren Sie mich bitte hier

 

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