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Bild zeigt eine Gruppe mit Menschen Stehend und im Rollstuhl in der Mitte Minister Hubertus Heil

Eckpunkte „Bundesinitiative Barrierefreiheit - Deutschland wird barrierefrei“

In Deutschland leben rund 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen, die durch vielfältige Barrieren an einer unabhängigen und gleichberechtigten Lebensgestaltung gehindert werden. Ziel der Bundesregierung ist es, dies zu ändern – mit der Bundesinitiative Barrierefreiheit. Leider ist es wieder nur eine Initiative und kein Gesetz, was uns Betroffene wirklich voran bringen würde. Aber die Ansätze sind nicht schlecht gewählt, bleibt zu hoffen und zu sehen, das und was nach der Legislaturperiode davon übrig bleibt. Aber lest selbst:

Hintergrund

In einem fortschrittlichen Land wie Deutschland muss das Leben barrierefrei sein. Barrierefreiheit ist ein Qualitätsstandard für ein modernes Land und ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Von Barrierefreiheit profitieren neben Menschen mit Behinderungen auch ältere Menschen, Menschen mit geringen Deutschkenntnissen und junge Familien. Barrierefreiheit zu verwirklichen ist deswegen eine wichtige Zukunftsaufgabe.

 

Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Artikel 9 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention formuliert, dass die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen „mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten.“

 

Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Regelungen getroffen wurden, um öffentliche Stellen und private Akteure zu Barrierefreiheit zu verpflichten, gibt es in vielen Lebensbereichen in Deutschland noch Barrieren. So ergeben zum Beispiel Hochrechnungen aus dem Mikrozensus 2018, dass nur rund 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland barrierefrei oder barrierearm sind. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind bislang nur ca. 26 Prozent der Haus- und Facharztpraxen barrierefrei. Der erste Bericht der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik zeigt, dass staatliche Webseiten teilweise nicht barrierefrei sind. In einer Umfrage der Aktion Mensch von Mai 2022 geben ein Drittel der Befragten mit Beeinträchtigung an, nicht selbständig im öffentlichen Verkehr unterwegs sein zu können, weil sie die zahlreichen Barrieren nicht alleine bewältigen können.

Auch in anderen Bereichen bestehen Barrieren. Die Menüführung vieler Bezahl- und Fahrkartenautomaten ist sehr kompliziert und stellt für viele Menschen eine große Alltagshürde dar. Für Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen gibt es nur wenige Spielplätze. Menschen mit Behinderungen in besonderen Wohnformen wie auch Menschen in Pflegeheimen haben oft Probleme, das Internet zu nutzen. An vielen Stellen fehlen barrierefreie Informationen in leichter Sprache und Gebärdensprache. 

Die Verbesserung der Barrierefreiheit ist in dieser Legislaturperiode und darüber hinaus eine bedeutsame Aufgabe für alle politischen Ebenen in Deutschland in ihrer jeweiligen Zuständigkeit und Finanzierungsverantwortung.

Vor diesem Hintergrund beschließt die Bundesregierung folgende Eckpunkte:

Deutschland soll in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, insbesondere bei der Mobilität, beim Wohnen, bei der Gesundheit und im digitalen Bereich barrierefrei werden. Dafür ergreift die Bundesregierung auf der Grundlage des Koalitionsvertrags folgende Maßnahmen:

1. Übergeordnete Gesetzgebung zur Barrierefreiheit

Die Bundesregierung wird das Behindertengleichstellungsgesetz, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz überarbeiten, um damit die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich voranzutreiben. Barrieren sollen systematisch abgebaut werden, auch im digitalen Raum. Dazu gehört unter anderem, dass private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist zum Abbau von Barrieren verpflichtet werden sollen, oder, sofern dies nicht möglich oder zumutbar ist, zum Ergreifen angemessener Vorkehrungen. Die Bundesregierung wird ihre Beratungsangebote für Barrierefreiheit ausbauen und dafür die Bundesfachstelle Barrierefreiheit stärken und ein Bundeskompetenzzentrum Leichte Sprache/Gebärdensprache einrichten.

 

2. Barrierefreiheit im Bereich Mobilität

Die Bundesregierung will die Mobilität, insbesondere den Bus- und Bahnverkehr sowie Bedarfsverkehre, barrierefrei gestalten. Die Ausnahmen im Personenbeförderungsgesetz vom Ziel, vollständige Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu erreichen, sollen bis zum Jahr 2026 abgeschafft werden. Barrierefreie Mobilitätsstationen im ÖPNV werden weiter ausgebaut. Die Herstellung der Barrierefreiheit in den Verkehrsstationen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes erfolgt dabei in erster Linie im Rahmen von regulären Ersatzinvestitionen und bei Neubauvorhaben. Bei der Schaffung der Barrierefreiheit im ÖPNV geht es auch um barrierefreie Zuwegungen, Hilfen für Seh- und Hörbehinderte und weitere Regelungen, die sich außerhalb der Technischen Spezifikation für Interoperabilität für Personen mit eingeschränkter Mobilität (TSI PRM) befinden und für deren Umsetzung die Länder und Kommunen zuständig sind.

Empfehlungen zur Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens sowie Vorschläge zur Behebung bestehender Umsetzungsdefizite bei der Barrierefreiheit im Bereich Verkehr werden im Zusammenhang mit einer laufenden Ex-post-Evaluation gesetzlicher Regelungen und Instrumente erarbeitet. 

Im Bereich Tourismus wird die Bundesregierung das Ideal des barrierefreien Reisens in der gesamten touristischen Leistungskette weiter unterstützen. Barrierefreies Reisen ist ein wesentliches Element der Teilhabe und wird daher in den Eckpunkten zur Nationalen Tourismusstrategie und im dazugehörigen Arbeitsprogramm der Bundesregierung ausdrücklich adressiert.

 

3. Barrierefreiheit im Bereich Wohnen und Bauen

Im Bereich Bauen und Wohnen setzt sich die Bundesregierung dafür ein, Barrieren abzubauen und Barrierefreiheit zu einem Qualitätsstandard zu machen. Die Förderung von bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum ist ein Schwerpunkt der Arbeit des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“, in dem die Bundesregierung mit 35 Bündnis-Mitgliedern 187 Maßnahmen für eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive erarbeitet haben. Die Bundesregierung will im „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ gemeinsam mit den Ländern unter Vermeidung von Baukostensteigerungen u.a. eine Definition für einen Mindeststandard für den Neubau von Wohnungen prüfen, sodass neu gebaute Wohnungen im Bedarfsfall schnell barrierefrei umgerüstet werden können. Auch eine Reform der Musterbauordnungen sowie der Landesbauordnungen hinsichtlich der Anzahl der barrierefreien und mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen pro Gebäude oder der Einbau eines Fahrstuhls wird hier diskutiert. Alle öffentlichen Gebäude des Bundes sollen barrierefrei werden. Die Bundesregierung will das geplante Investitionsprogramm für etwa 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen in herausfordernden sozialen Lagen so ausgestalten, dass damit unter anderem auch die Barrierefreiheit gestärkt wird. Zudem wird sie sich weiterhin für die Barrierefreiheit in den überbetrieblichen Berufsbildungsstätten einsetzen.

 

4. Barrierefreiheit im Bereich Gesundheit

Die Bundesregierung wird einen Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen erarbeiten. Ein besonderes Anliegen ist es dabei, noch bestehende Barrieren abzubauen und Inklusion in allen Bereichen des Gesundheitswesens voran zu bringen. Hierzu wird das Bundesministerium für Gesundheit unter breiter Beteiligung aller maßgeblichen Interessenvertretungen und Organisationen konkrete Maßnahmen erarbeiten. Umfasst werden Aspekte der Gesundheitsversorgung, der Pflege und der Prävention ebenso wie Fragen der Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Pflege sowie der Diversität. Im Rahmen des Aktionsplans, werden auch Lösungen erarbeitet, um Fortschritte bei der Barrierefreiheit von Gesundheitseinrichtungen, insbesondere von Arztpraxen zu erzielen. Die Förderung barrierefreier Teilhabemöglichkeiten wird auch im Rahmen der Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie adressiert, mit der die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in allen Lebensbereichen weiter verbessert wird. Um Barrieren für pflegebedürftige Menschen in der häuslichen Versorgung abzubauen, werden künftig auch digitale Technologien aus der Pflegeversicherung finanziert, wenn sie als Pflegehilfsmittel oder Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen einen pflegerischen Nutzen aufweisen. Im Schutzsystem für gewaltbetroffene Frauen entwickeln wir innovative Konzepte für neue Hilfsangebote, von denen auch Frauen mit Behinderungen profitieren.

 

5. Barrierefreiheit im Bereich Digitales

Die Bundesregierung will die digitale Barrierefreiheit und digitale Teilhabe für alle verbessern. Dafür trifft sie Maßnahmen in den Bereichen Telekommunikation, digitale Infrastruktur und bei den digitalen Angeboten des Bundes. Zudem prüft die Bundesregierung die Machbarkeit einer technologieoffenen, barrierefreien und europaweiten Medienplattform. Hierbei muss insbesondere auch die digitale Nutzungskompetenz mit speziellen Angeboten verbessert werden, da fehlendes Know-How ein zentrales Hindernis bei der Nutzung digitaler Angebote darstellt. Außerdem sollten digitale Inhalte barrierefrei auch in Leichter Sprache und Gebärdensprache zur Verfügung stehen. Im Telekommunikationsbereich wurden und werden Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit im Bereich Notruf, Vermittlungsdienste für gehörlose und hörgeschädigte Endnutzer und bei der Nutzung von Telekommunikationsdiensten umgesetzt. Von digitaler Barrierefreiheit können Menschen mit Behinderung nur bei einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur und einer flächendeckenden Versorgung profitieren. Ein flächendeckender Zugang zum Internet ist in Deutschland gegeben. Die Gigabitstrategie der Bundesregierung zielt darauf ab, eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Die Digitalstrategie der Bundesregierung stellt klar, dass Digitalisierung so zu gestalten ist, dass alle Menschen von ihr profitieren können. Die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen soll in allen Lebensbereichen mitgedacht und umgesetzt werden.  Bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und der Verwaltungsdigitalisierung wird die Nutzerfreundlichkeit und einfache Bedienbarkeit von IT-Produkten berücksichtigt. Vertreterinnen und Vertretern der Menschen mit Behinderungen sollen bei der Entwicklung von IT-Produkten des Bundes beteiligt werden. Das Format der Digitallabore, das im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes genutzt wird, kann hier als Muster dienen. Die Bundesregierung wird prüfen, wie der barrierefreie Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen weiter gestärkt werden kann. Die Umstellung des klassischen Schwerbehindertenausweises auf einen digitalen Teilhabeausweis wird geprüft. Sie muss mit der Initiative der EU-Kommission, einen Europäischen Behindertenausweis einzuführen, kompatibel sein. Außerdem will die Bundesregierung den digitalen Verbraucherschutz stärken und damit auch für mehr Barrierefreiheit in der Nutzung digitaler Angebote sorgen.

 

6. Bundesinitiative Barrierefreiheit

Die Verbesserung der Barrierefreiheit ist eine ressortübergreifende Aufgabe. Sie erfordert zudem das Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen sowie die Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern der Menschen mit Behinderungen, der Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Deswegen richtet die Bundesregierung unter Federführung des BMAS eine Bundesinitiative Barrierefreiheit ein. Ziel der Bundesinitiative Barrierefreiheit ist es, die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen gemeinsam voranzubringen und darüber hinaus für mehr Barrierefreiheit zu werben. Dafür werden die Ressorts gemeinsam Meilensteine festlegen. Die Bundesregierung wird im Zuge der Bundesinitiative prüfen, welche weiteren Vorhaben für die Verbesserung der Barrierefreiheit notwendig sind. Die Bundesregierung wird bei allen Vorhaben der Bundesinitiative Barrierefreiheit Diversität berücksichtigen. Die Herstellung von Barrierefreiheit stellt eine Querschnittsaufgabe dar, die auch über die Schwerpunkte der Bundesinitiative hinaus in weiteren Bereichen, wie zum Beispiel im Arbeitsleben, vorangetrieben werden muss. Für ihren Geschäftsbereich verpflichtet sich die Bundesregierung, für Barrierefreiheit am Arbeitsplatz und in der öffentlichen Information und Kommunikation zu sorgen. Der Bund will hier ein Zeichen setzen, und als gutes Beispiel für Länder, Kommunen und Privatwirtschaft vorangehen.

Empfehlung zur Meinungsbildung:

Die Macht imRollstuhl: https://youlife.rocks/erlebnisse-magazin/die-macht-im-rollstuhl-was-die…

 

Eure Meinung intersiert uns - diskutiert mit - hier unten in die Kommentare! 

Hier gehts zur offiziellen Seite: https://www.deutschland-barrierefrei.de/DE/startseite/start.html

Text: Bundesinitative-Barrierefrei | Teaser Alexander Lang

Erschienen auf YouLife.Rocks

 

 

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