Alexander

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Bild zeigt eine geteilte Querungstelle mit Ampel und takilem Leitsystem

Barrierefreie und nachhaltige Mobilität neu gedacht

Die Förderung nachhaltiger Mobilität ist ein erklärtes Ziel. Um eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes von 55 % zu erreichen, hat sich beispielsweise das Land Baden-Württemberg bis zum Jahr 2030 Ziele gesetzt wie die Verdopplung des öffentlichen Nahverkehrs, dass jedes zweite Auto klimaneutral fährt, es ein Fünftel weniger Kfz-Verkehr in den Städten und Gemeinden geben soll, jede zweite Tonne Fracht klimaneutral unterwegs ist und jeder zweite Weg selbstaktiv mit Rad, Tretroller oder zu Fuß zurückgelegt wird.

Die Verkehrswende ist nicht nur ein kommunales Thema, jeder muss seinen Beitrag dazu leisten. Die Ausrichtung des Klimaschutzes im Verkehr, eine stärkere Berücksichtigung nachhaltiger Mobilität, die Verknüpfung von Verkehrsträgern und -mitteln, das Entstehen durchgängiger und sicherer Verkehrsnetze entsprechend dem Stand der Technik, sollen zu einer qualifizierten Verbesserung beitragen. Hierzu braucht es einen Plan. Wie integriert man hier das Thema Barrierefreiheit?

Für mich als Rollstuhlfahrer, noch dazu im ländlichen Raum, ist der ÖPNV kein Thema. Wenn ich von A nach B will, dann kann ich mich aufgrund des unzureichenden ÖPNV und der nicht zuverlässsigen Durchgängikeit des barrierefreien Angebots, nur auf mein eigenes KFZ verlassen. Für Experimente fehlt mir meist die Zeit. In der heutigen Zeit eigentlich ein No-Go.

Wegeketten im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum sollten durchgängig und über Zuständigkeitsgrenzen hinweg barrierefrei nutzbar sein!! 

Grundsätzlich ist ein Verkehrssystem immer nur so gut wie das schwächste Glied der Mobilitätskette. Folglich wird die Qualität eines barrierefreien Wegenetzes „maßgeblich durch den Grad seiner Vollständigkeit" beeinflusst. Wenn ich nicht verlässlich planen kann, bringt auch die best ausgebaute Haltestelle nichts. Die Schaffung durchgängig barrierefreier Wege- oder Mobilitätsketten ist daher ein Grundsatz für alle Umsetzungen und Investitionen. Für mich als Betroffenen ist wichtig zu wissen, wenn ich an Punkt A einsteige ich an Punkt B das Verkehrmittel auch wieder verlassen kann.

 

Die Barrierefreiheit ist der wesentliche Bestandteil, welcher ein Zusammentreffen erst ermöglicht

Barrierefreiheit als wesentlicher Bestandteil der Inklusion erfordert einen fortwährenden Prozess, welcher von allen Beteiligten gelebt werden muss. Barrierefreie Gebäude sind dabei ein Teil, doch die Begegnung untereinander kann nur stattfinden, wenn sich alle Menschen in allen Lebenslagen weitgehend selbständig und selbstbestimmt im öffentlichen Raum bewegen können. Daher muss sie die Basis jeglicher Mobilitätsplanungen und -konzepte sein.

 

Unterschiedliche Nutzer und Bedürfnisse 

In diesem Zusammenhang sollen auch deutliche Verbesserungen im Bereich des Zufußgehens erreicht werden. Dies betrifft einerseits die Verkehrssicherheit auf den Wegen, als auch die Sicherheit beim Queren der Straßen. Unterschiedliche Nutzer und Bedarfe müssen dabei berücksichtigt werden. Neben den Bedarfen der Behinderten, Kinder, Schüler und auch Senioren müssen die Wege alttagstauglich sein und eine entsprechende Qualität aufweisen. Dazu gehört auch die straßenbegleitende Aufenthaltsfunktion und Wegesteuerung.

Engstelle gleich Gefahrenstelle!!! Hier fehlt eine Aufstellfäche für den Zebrastreifen und die Engstelle reicht in den Abbiegeverkehr hinein.

 

Routen statt Flickenteppich

Mit der Erarbeitung eines Fußverkehrskonzeptes können Städte und Gemeinden die Basis für einen zukunftsorientierten Ausbau des Wegenetzes schaffen. In früheren Jahren erfolgte die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen für Fußgänger landesweit oft nur an aktuellen Problemstellen oder im Rahmen laufender Projekte oder Sanierungsarbeiten im Straßenraum. Ein unverlässlicher Flickenteppich entstand. Ein strategisches Fußverkehrskonzept beinhaltet eine systematische Betrachtung der Fußgängerbelange. Die vorhandenen Fußwege werden analysiert, die Netzstruktur untersucht. Ziel des Konzeptes ist es, Hauptfußwegeverbindungen, Flanierrouten und bedeutende Nebenrouten zu finden und als Route barrierefrei auszubauen. Schlussendlich ensteht daraus ein Maßnahmenkatalog mit Investionenvolumen als Grundlage für Finanzierung und Förderung.

Die Barrierefreiheit weist den Weg - die Routen werden durch Taktilität und Absenkungen gekennzeichnet.

 

Die Kombination macht das durchdachte Konzept

Zudem sollen auch bereits vorliegende Untersuchungen bzw. Konzepte wie beispielsweise Schulwegepläne, Haltestellenpläne und Radverkehrskonzepte, etc. in die Bearbeitung einbezogen und entsprechend berücksichtigt werden. Dies erspart zum Einen doppelte Bauvorhaben, zum Anderen eine nutzerübergreifende Barrierefreiheit.

 

Mobilitäskonzepte sparen Zeit und Geld

Natürlich braucht die Erstellung eines Konzeptes zunächst Zeit und bindet Personal. Nach vorne betrachtet, verschafft es aber Transparenz und Planungsicherheit. Für Baden-Württemberg gibtt es zudem noch die Möglichkeit einer umfangreichen Förderung bei Erstellung und vor allem in der Umsetzung. Gerade kleine und mittelgroße Gemeinden und Städte haben hier die Chance aktiv anfallende Sanierungen nachhaltig für die Zukunft einzusetzen.   

 

Fazit - Wer nach vorne plant, spart hinterher!

 

Zum Autor:
Alexander Lang,nach einem Unfall 1989 im Rollstuhl, ist Fachplaner für barrierefries Bauen. Er unterstützt Städte und Gemeinden bei der Umsetzung von Baumaßnahmen im öffentlichen Raum und Gebäuden. Weiterhin auditiert er barrierefreie Haltestellen und Querungen für öffentliche Stellen. Zusammen mit dem Ingenieurbüro für Verkehrswesen Koehler & Leutwein GmbH & Co KG in Karlsruhe wurden für zahlreiche Kommunen Umsetzungsvorlagen für nachhaltige Mobilität erarbeitet. Immer unter dem Aspekt der Nutzung für Menschen in allen Lebenslagen.

Bilder: privat

Kartendarstellung und Präsentationsgraphiken: © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (2023),

Datenquellen:https://sgx.geodatenzentrum.de/web_public/Datenquellen_TopPlus_Open_10….

 

Erschienen auf Youlife.Rocks

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