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Mit einer Behinderung im Rollstuhl Motorrad fahren

Motorradfahren trotz Rollstuhl - EIN SUPER-GEFÜHL

Ein kurzer Moment veränderte sein Leben nachhaltig. Autounfall, Querschnittslähmung. Heute fährt Alexander Lang Gespann. Es war ein schwerer Weg, den Führerschein erneut zu machen und das Gespann aufzubauen. Mit eisernem Willen und Durchhaltevermögen erreichte er sein Ziel. Hier sein Bericht, wie er seinen Gespanntraum verwirklichte. „Es gibt wohl kaum einen Alpenpass, den ich in den letzten Jahren nicht überquert hatte. Leider nie auf dem Motorrad, aber immer als Begleitfahrzeug unserer alljährlichen Motorradausfahrt mit den alten Freunden. Bei jedem Bike wurde es mir warm ums Herz, und die Frage stellte sich, ist es nicht möglich, wieder Motorrad zu fahren?“

Damit war nämlich nach einem Autounfall im Jahre 1989 und der damit verbundenen Querschnittslähmung Schluss. So wuchs der Wunsch mit jedem Jahr. Ein Trike sollte es nicht sein, und ein Solomotorrad konnte es nicht sein. Ein Gespann sollte es sein. Aber damit hatte ich gar keine Erfahrung. Zumal zum Gespannfahren ein Führerschein der Klasse A nötig ist. Diesen hatte ich jedoch nach meinem Unfall nicht mehr beantragt. Damals waren noch andere Gedanken wichtiger als Motorrad fahren. Die Hilfe kam durch meinen Freund Thomas Schucker. Ihn muss man wirklich schon als Gespannverrückten bezeichnen. Die Aussicht, etwas in seiner Garage für mich auf die Räder zu stellen, trieb ihn zu Höchstleistungen an: „Auf jeden Fall BMW! Denn da kenn ich mich aus. Auf jeden Fall baut ein Gespannbauer das Ganze auf, auf jeden Fall eine Schwingengabel oder besser noch eine Achsschenkellenkung, Platz für den Rollstuhl und für Frau und Hund. Einen Rückwärtsgang sollte das Ganze auch noch haben!“ Meine Aufgabe war, heraus zu finden, wie man in Baden-Württemberg mit meiner Behinderung einen Führerschein Klasse A erhält, und vor allem, wie man das Projekt bezahlen kann.

So gingen die ersten Wochen ins Land mit Kalkulationen, Fahrzeugsuche und Führerschein-Recherchen. Eins ergab das andere. Aus der BMW wurde konkret eine BMW R1100S. Da stört beim Aufsteigen kein heißer Auspuff; er ist unter der Sitzbank verlegt. Aus der Schwingengabel wurde eine Achsschenkellenkung der Firma Ruko. Sie ist so einstellbar, dass die Lenkkräfte auf die Behinderung abgestimmt werden können. Bei der Schaltung entschieden wir uns für eine Tiptronic von Roland Herbig. Nur die Bremse gefi el uns nicht. Zwei Bremshebel lassen sich nicht gut dosieren. Hier wählten wir eine Daumenbremse aus dem Rennsport. Die originale Sitzbank fiel einem Eigenbau zum Opfer. Der neue Sitz wurde perfekt an meine Größe angepasst. Für den Seitenhalt sorgen zwei Armlehnen aus dem Autozubehör. Und der Beiwagen wurde ein Ruko Racer. Der ist so schön breit und nicht ganz so bullig. Nur der Rückwärtsgang machte uns Probleme. Die angeboten Lösungen waren entweder zu teuer oder uneffektiv. An einem lauen Sommerabend zerlegten wir eine wunderschöne R 1100 S mit Sonderlackierung und montierten den Schaltmagneten und den Superbike-Lenker. Dann schafften wir das Motorrad per Anhänger zur Firma Ruko nach Metzingen. Die Zusammenarbeit mit dem Team von Ruko hat richtig Spaß gemacht. Wir haben alle voneinander viel gelernt. Ende September holten wir ein vormontiertes und grundiertes Gespann ab. Nun waren wieder wir an der Reihe. Der Charakter des Originalmotorrades sollte auf jeden Fall erhalten bleiben, und so wurden die notwendigen Schritte fein säuberlich aufeinander abgestimmt. Das abnehmbare Heckteil des Racers war zu plump und zu schwer. Er fiel der Flex zum Opfer. Nach mehrmaligem Anpassen, Spachteln und Schleifen entstand ein ganz anderes Heck. Der Rückwärtsgang war zu diesem Zeitpunkt schon lange in Arbeit; na ja, zumindest im Kopf von Dieter Hertl. Ich weiß nicht mehr, wie viele hundert Male er das Rad an- und wieder abgeschraubt hat. Aber mit jedem Mal nahm die Rückfahrhilfe ein wenig mehr Gestalt an. Es war eine denkbar einfache Lösung: Zahnriemen, Elektromotor und Ausrückgetriebe. Klingt einfach, hat aber einen langen Entwicklungsweg hinter sich. Die Halter für Füße und Rollstuhl wurden von einem Freund hergestellt, der Edelstahl verarbeitet. Um die Lackierung kümmerte sich einstweilen mein Freund Andreas Meier. Den letzten Schliff bekam das Gespann von Andreas Zeller, unserem Sattlermeister. Ich weiß nicht, was ich ohne die Mithilfe aller Freunde getan hätte!

Jeder, dem ich davon erzählte, war mit Feuereifer dabei, seinen Teil beizutragen. Letzte Hürde: Der Führerschein Zwischenzeitlich stellte sich heraus, dass noch nie jemand in Baden-Württemberg einen Führerschein mit einer Querschnittslähmung gemacht hatte. Viele Fahrschulen winkten schon im Vorfeld ab. Fündig wurde ich dann in meiner Nachbarschaft bei der Fahrschule Jim Engel und beim Landratsamt Enzkreis. Hier bekamen wir volle Unterstützung für unser Projekt. Das Landratsamt erarbeitete für uns alle Anforderungen wie ärztliche Untersuchung und die damit verbunden Eignungsprüfungen beim TÜV. Wobei beim TÜV erst einmal die Antwort kam: Klasse A mit Querschnitt – unmöglich. Erst als sich der Chef des TÜV Süd Pforzheim der Sache annahm und die Aussage tätigte „Unmöglich reizt mich!“, kam die Sache perfekt ins Rollen. Jetzt musste ich warten, da ich ja ohne Fahrzeug keine Fahrstunden machen und der TÜV auch die Eignung nicht prüfen konnte. Das Gespann ging wieder nach Metzingen zum Rahmenbeschichten und zur TÜV-Abnahme. Voller Stolz nahm ich es Ende September wieder in Empfang. Ab sofort fanden tägliche Führungen durch meine Garage statt. Auf einem abgesperrten Hof drehte ich die ersten Runden mit dem Gespann. Etwa 200 Kilometer folgten mit Kreisfahren. Denn neben dem Gespann fahren lernen ist Übung bei einem Fahrer mit fehlender Bauchmuskulatur, der alles über den Oberkörper machen muss, ein nicht zu unterschätzender Faktor. Und überhaupt waren da auf einmal so viele Knöpfe und Hebel: Neben Hupe, Licht, Blinker, Gasgriff, Bremse, Kupplung gab es auf einmal noch Daumenbremse und Schaltwippe. Es war dann doch ziemlich eng am Lenker. Den Gasgriff habe ich aber schnell gefunden. Und es war auch mal wieder richtig toll, nach 16 Jahren Automatikgetriebe mit Kupplung zu fahren. Im Oktober folgte der große Tag der Sichtung durch den TÜV. Der Chef des TÜV-Pforzheim Christof Karl kam persönlich vorbei, um sich ein Bild davon zu machen, ob ich auf dem Bike sitzen und es vor allem auch fahren könne. So folgten Bremstests, Slalom und Kurven fahren. Irgendwie hat er mir nicht abgenommen, dass ich Anfänger bin. Nach Absprache wurde der technische Teil der Ausbildung so verändert, dass eine Prüfung mit dem Gespann und der Behinderung möglich war. Es wurde beispielsweise das Anfahren, Anhalten und Beine auf dem Boden absetzen ersetzt durch ein Einparken mit dem Rückwärtsgang. Oder der Abstand im Slalomfahren wurde etwas erweitert. Diese Dinge würden dann ebenfalls in der Prüfung Anwendung finden. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal den Behörden und den Leuten beim TÜV danken. In meinem Fall haben sie sich als echte Dienstleistern und Partner erwiesen.

Ohne eine positive Einstellung wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Im Januar absolvierte ich meine Fahrstunden. Die anschließende Prüfung habe ich bestanden – ein Super-Gefühl! In den letzten Jahren habe ich schon viele Kilometer zurückgelegt, und es werden sicher noch mehr. Ich würde mich freuen, wenn noch viele Leute mit einem Handicap oder wie heißt es heute BEHINDERUNG  diesem Weg folgen würden. Für Fragen oder Anregungen stehe ich gerne zur Verfügung. Das mein selbstbestimmtes selbst und das Gespann war für mich die beste Entscheidung.

Herzlichen Dank zu...

im Englischen auf https://www.disabledmagazine.online/

Weil wir die Besten sind https://youlife.rocks

Geschrieben auch damals von mir - Alexander Lang

und das Gespannmaganzin...  finde ich leider nicht mehr

 

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