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Pflegebedürftigkeit!!! Was tun?? : Der Widerspruch

Mit dieser Entscheidung bin ich absolut nicht zufrieden - bleibt das jetzt so? Teil 5 erklärt, wie Ihr Euch gegen einen Eurer Meinung nach falschen Pflegebescheid wehren könnt! Denn Fehler kommen immer mal vor oder der Tag war nicht so gut... Also los geht es mit dem Widerspruch zum Bescheid!

Gründe für einen Pflegegrad Widerspruch 

Welche Gründe für einen Widerspruch sind zulässig? Mit Deinem Widerspruch stellst du die Behauptung auf, dass die tatsächliche Pflegesituation einen höheren beziehungsweise - im Fall einer Ablehnung - überhaupt einen Pflegegrad rechtfertigt. 

Inhaltliche Gründe

Folgende Gründe können zu einer falschen Einschätzung führen: 
  • Die pflegebedürftige Person war am Tag der Begutachtung ungewöhnlich fit und selbstständig 
  • Die Person hat ihren eigenen Bedarf an Unterstützung falsch dargestellt 
  • Der gesundheitliche Zustand der pflegebedürftigen Person hat sich seit dem Gutachten deutlich verschlechtert 
  • Es gibt wichtige Aspekte der Pflege, die im Gutachten nicht berücksichtigt wurden 

Wie Du die Begründung schriftlich formulierst, erfährst Du im Abschnitt zur Begründung des Pflegegrad-Widerspruchs. 

Formale Gründe: Fehlerhafter Pflegegrad-Bescheid 

Neben den inhaltlichen Gründen, die ein Wiederholungsgutachten erforderlich machen, gibt es auch formale Gründe für einen Widerspruch. Diese führen dazu, dass der Bescheid von der Pflegekasse ungültig wird. Du kannst dann ohne Begründung einen Widerspruch aus formalen Gründen einreichen. 

Folgende formale Gründe rechtfertigen einen sofortigen Widerspruch: 
  • Der Bescheid erfolgt ohne Begründung und es liegt außerdem kein Gutachten bei. 
  • Das Schreiben enthält keinen Hinweis auf die Möglichkeit zum Widerspruch (die 
    sogenannte Rechtsbehelfsbelehrung). 
  • Der Bescheid wurde weder persönlich unterschrieben noch als "maschinell erstellter 
    Bescheid" gekennzeichnet. 
  • Es ist kein Absender vermerkt. 

Formale Fehler sind allerdings eher selten. Und oftmals führt ein Widerspruch in so einem Fall nur dazu, dass Du kurze Zeit später einen gültigen Bescheid mit dem gleichen Inhalt erhälst. Wenn Du etwas am Ergebnis der Begutachtung ändern möchten, müssen Du Deinen Widerspruch inhaltlich begründen. 

Widerspruch Einreichen

Schritt 1: Widerspruch fristgerecht einreichen 

Die Frist für den Widerspruch beträgt einen Monat und gilt ab dem Tag der Zustellung. Um sicher zu gehen, können Du auch das Datum des Poststempels auf dem Schreiben von der Pflegekasse verwenden. Heben Du das Schreiben auf jeden Fall auf. 

Tipp! 

Fehlt die Rechtsbelehrung, verlängert sich die Frist 

In Deinem Pflegegrad-Bescheid muss die Pflegekasse Du darauf aufmerksam machen, dass Du dem Bescheid widersprechen kannst. Fehlt die sogenannte Rechtsbelehrung, verlängert sich die Frist für einen möglichen Widerspruch auf ein Jahr.

Nach Ablauf der Widerspruchsfrist gilt der Bescheid als "bestandskräftig". Das heißt, der Pflegegrad kann erst wieder durch einen neuen Antrag und eine darauffolgende erneute Begutachtung geändert werden. Dies ist aber erst nach mindestens sechs Monaten möglich. 

Ausnahme: Verschlechtert sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person nach dem Ablauf der Widerspruchs Frist erheblich, zum Beispiel durch einen Schlaganfall, musst Du nicht sechs Monate warten. Mit dem Hinweis auf die gesundheitliche Veränderung kannst Du sofort einen neuen Antrag stellen. 

Schicke deshalb unbedingt fristgerecht einen schriftlichen Widerspruch an die Pflegekasse. Du musst darin noch keine ausführliche Begründung liefern. Du wirst als Antwort auf das Widerspruchsschreiben einen Brief von der Pflegekasse erhalten, in dem das weitere Vorgehen geschildert wird. 

Einen Pflegegrad-Widerspruch erstellen 

Lass dir helfen: Hilfe von Ärzten, Pflegekräften und Pflegeberatern in Anspruch nehmen 

Ein Pflegegrad-Gutachten zu interpretieren ist nicht einfach. Gerade einzuschätzen, an welchen Stellen das Gutachten korrekt ist und wo der Pflegebedarf zu niedrig eingeschätzt wurde, ist für Laien eine Herausforderung. Wenn möglich, sollten Du dabei Dritte hinzuziehen, die damit Erfahrung haben. 

Einfachen Zugang zu fachkundiger Unterstützung haben Du auch, wenn Du bereits einen ambulanten Pflegedienst nutzen. Denn die professionellen Pflegekräfte kennen die betreffende Person bereits und können auch die einzelnen Punkte im Gutachten meistens gut einschätzen. 

Auch die Pflegeberatung nach § 37.3 ist eine gute Anlaufstelle zur Beratung bei einem Widerspruch. Denn Pflegeberater sollten das Widerspruchsverfahren gut kennen und können Dich fachkundig unterstützen. 

Besonders aussagekräftig ist ein Gegengutachten von einem unabhängigen Pflegegutachter. Allerdings müssen Du das Gegengutachten selbst bezahlen. Und das Wiederholungsgutachten durch einen offiziellen Gutachter vom MD bzw. von Medicproof bleibt Ihnen in der Regel trotzdem nicht erspart. 

Ein Gegengutachten ist nur in Fällen notwendig, wo der Pflegegrad-Bescheid sehr stark von der Pflegesituation abweicht, oder wenn Du Klage beim Sozialgericht einreichen. 

Widerspruch nur durch den Versicherten oder Bevollmächtigte 

Den Widerspruch gegen den Pflegegrad-Bescheid muss eigentlich die pflegebedürftige Person selbst schreiben. Alternativ kann das auch eine Person mit einer besonderen Vollmacht, eine zuständige ambulante Pflegekraft, ein gesetzlich bestellter Betreuer oder ein Anwalt mit dem dazugehörigen Mandat. 

Mit der Person verwandt oder einfach an der Pflege beteiligt zu sein, reicht dafür nicht aus. 

Widerspruch Pflegegrad Muster-Vorlage 

Der Widerspruch ist an keine bestimmte Form gebunden. Wichtig ist aber, dass der Widerspruch schriftlich erfolgt. Die Begründung kannst Du entweder gleich mitschicken oder nachreichen. Wenn Du die Begründung nachreichen wirst, sollten Du das gleich im Widerspruchsschreiben ankündigen. 

Nutze für den ersten Widerspruch z.B. eine Mustervorlage: pflege.de Mustervorlage für den Pflegegrad-Widerspruch. Darin musst Du nur einige individuelle Angaben ergänzen, unterschreiben und schon ist der Widerspruch fertig zum Verschicken. 

Ohne eine Muster-Begründung für den Pflegegrad-Widerspruch erstellen? 

Falls Du den Widerspruch allein und ohne fremde Hilfe aufsetzen möchten, sollten Du den Ablehnungsbescheid der Pflegekasse auf folgende Punkte prüfen: 

  • Persönliche Daten: Sind Name, Adresse, Geburtsdatum usw. der versicherten Person richtig aufgeführt? Sind im Gutachten alle Diagnosen, Medikamente und Hilfsmittel beschrieben, die der Versicherte nutzt? 
  • Begutachtungsmodule: Wurden im Gutachten alle Module ausreichend berücksichtigt? Entspricht der angegebene Grad der Selbstständigkeit in den Begutachtungsmodulen der Realität Ihres Angehörigen? 
  • Punktzahl: Wurden die Punkte aus den einzelnen Modulen richtig addiert und gewichtet? 
  • Darstellung der Pflegesituation: Wurde der Betroffene im Gutachten realistisch dargestellt? Wurde er evtl. selbstständiger dargestellt als er eigentlich ist? 
  • Aktenlage: Lagen zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung sämtliche Arztbriefe, Entlassungsberichte, Diagnosen und Untersuchungsergebnisse vor, die den Unterstützungsbedarf Ihres Angehörigen attestieren? Wurden diese Dokumente vom Gutachter mitberücksichtigt? 

Du möchtest eine Klage beim Sozialgericht einreichen:

  • Ein Anwalt hat das Gutachten rechtssicher geprüft und Deinen Anspruch auf Leistung aus der Pflegekasse festgestellt. 
  • Das Gutachten enthält Form- und Berechnungsfehler. 
  • Du hast ein unabhängiges Gutachten bei einem Pflegesachverständigen beauftragt, das zu einem anderen Ergebnis kommt. 
  • Die Pflegekasse lehnt Deinen Antrag auch nach der Wiederholungsbegutachtung ab und verweigert Pflegeleistungen. 

ACHTUNG!

Auch wenn beim Sozialgericht für Dich keine Gerichtskosten anfallen, sollten Du mit Kosten für einen Anwalt und einen Pflegesachverständigen rechnen. Die Anwaltskosten musst du nur bezahlen, wenn Du den Rechtsstreit verlieren. 

Eine Klage ist in jedem Fall aufwändiger als der Widerspruch und dauert deutlich länger. Du sollten diesen Weg deshalb nur in Betracht ziehen, wenn es notwendig ist und Du gute Aussichten auf Erfolg hast. Am besten beurteilen kann das ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt, der sich mit Deinem Fall auseinandersetzt. 

 

Hinweis/Disclaimer:

An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass YouLife.Rocks diesen Artikel lediglich zu deiner Information veröffentlicht hat. Er stellt keine Rechtsberatung dar und erhebt keinen Anspruch auf Fehlerfreiheit und Vollständigkeit. Wir empfehlen für den Einzelfall, sich bei Bedarf rechtlich bei einer anerkannten fachkundigen Stelle bzw. Anwält*in beraten zu lassen.

Zum Ende der Serie: "Pflegebedürftigkeit!!! Was tun?? : Beantworten wir die häufigst gestellten Fragen" in der nächsten Woche

Text und Idee: Nicole Weeber

Bilder: Titel Gabrielle Henderson auf Unsplash

Erschienen auf YouLife.Rocks

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