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Blick auf den neuen FlughafenBerlin Brandenburg von oben

Ein Tag im BER und reichlich neue Erkenntnisse

Wir (Ramona Schultz und ich) waren nicht auf dem Flughafen, um die Barrierefreiheit zu testen, wir waren lediglich Statisten in einem Planspiel der Flughafengesellschaft, in der die Arbeitsabläufe getestet werden sollten. Zu verbesserungsbedürftigen Arbeitsabläufen konnten wir in der Tat reichlich beitragen, insofern sie überhaupt interessieren.
Es stockt der Atem vor soviel Farbe und Fläche

Fangen wir am Eingang an. Der ist imposant, es stockt der Atem vor soviel Farbe und Fläche. Behaltet die Farbe im Blick, sie wurde hier bereits vollständig aufgebraucht. Was folgt, sind endlose Gänge in einem schwierigen Einerlei, endlose Gepäckbänder mit ebenso fürchterlichen Licht, das das Lesen der vielen Hinweisschilder mit viel zu kleiner Schrift für Menschen ohne eine Sehkraft von 100 Prozent schwierig werden lässt. Ich könnte mir diese Gänge sehr gut als Kulisse für Horrorfilme vorstellen. Ihr kennt diese Albtraum-Szenen: Der Protagonist rennt den Gang mit schreckengeweiteten Augen entlang und der Gang verlängert sich immer, wenn er gedacht hat, er kommt hinten an. Ich mag nicht an Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen denken, die sitzen wahrscheinlich weinend in der Ecke.

Das ging leider nicht, weil unser netter Begleiter vom Mobilitätsservice keinen Fahrstuhl fand...

Moment, werden die Verantwortlichen vom Flughafen jetzt einwenden. Es gibt einen Mobilltätsservice, den man in Anspruch nehmen kann und der einen ortskundigen Begleiter zur Verfügung stellen kann. Zur Erinnerung: Der Tag gestern war, um der Flughafengesellschaft zu helfen, Arbeitsabläufe zu testen. Wir bekamen also einen Begleiter, der uns ohne größere Probleme zum Check In und von dort zum Abflug-Gate brachte. Soweit, so gut. Die Flugzeuge waren gestern Reisebusse, die aber nicht barrierefrei waren und die Rollstuhlfahrer, es waren einige angemeldet, nicht mitnehmen konnten. Nichtsdestotrotz war unsere nächste Aufgabe, eine Ankunft zu simulieren. Es wäre also folgerichtig gewesen, wir wären zumindest bis an den Bus gekommen und wären von dort wie ein normaler Passagier zur Ankunft gerollt bzw. gelaufen. Das ging leider nicht, weil unser netter Begleiter vom Mobilitätsservice keinen Fahrstuhl fand, der uns nach unten bringen konnte. Noch absurder wurde die zweite Aufgabe des Tages. Wieder ein Abflug und anschließend eine Ankunft. Beides mit Passkontrolle. Wir fanden mit Hilfe unseres Begleiters schnell den Weg zum zweiten Check In, passierten problemlos die Sicherheit. Fast problemlos. Waren am Vormittag die Sicherheitsbeamten von Schönefeld an den Schaltern, waren es am Nachmittag die Kollegen aus Tegel. Ich hatte vor meiner Abfahrt eine kleine Flasche Mundwasser gekauft und hatte die noch in meiner Tasche. Am Vormittag war das kein Problem, am Nachmittag waren es für die Beamten einige Milliliter zu viel und ich musste mein Mundwasser entsorgen. Wohlgemerkt, wir waren zu einem Probebetrieb. Na gut, Ramona und ich hatten diese Hürde geschafft. Die Passkontrolle bei der Ausreise war auch kein Problem, den Weg zum Gate zu finden schon eher. Nach mehreren Anläufen und vielen Anrufen bei seinem Chef, fand unser Begleiter einen Weg. Boarding war normal, Rollstuhlfaher werden als erste durchgelassen. Zum Flugzeug, sprich Bus, konnten wir wegen der mangelnden Zugangsbeschränkungen nicht, also direkt zur Einreise. Dachten wir. Direkt heißt, auf kürzesten Weg. Den müsste man aber kennen. Unser Mobilitätsbegleiter kannte ihn nicht und so irrten wir die Gänge hin und her, um einen Fahrstuhl zu finden, der uns ans Ziel bringen sollte. Eigentlich sollte ein Begleiter sich um den behinderten Menschen kümmern. Unser Begleiter hatte dafür keine Zeit, er hatte ständig das Telefon am Ohr um sich den Weg beschreiben zu lassen. Entweder waren die Beschreibungen nicht exakt genug oder die beiden haben nicht die gleiche Sprache gesprochen. Ich bin noch nie so viel die Gänge hoch und runtergelaufen, am Ende waren es 5,8 Kilometer, die wir dort umhergeirrt sind.

Von dem Wunsch behinderter Menschen, selbstständig zu agieren, haben diese Leute dort jedenfalls noch nie gehört.

Noch ein Wort zum Mobilitätsservice. Der ist von der Sache hervorragend. Schalter für jede Behindertenart, auch für Rollstuhlfahrer. Leider ist dieser Tresen nicht abgesenkt, wie wir auch keine anderen abgesenkten Tresen entdecken konnten. Der Mobilitätsservice ist gleich an der Haupttreppe zu finden. Für blinde Menschen gibt es Leitsysteme. Die gehen aber von der Treppe nicht zum Mobilitätsservice, sondern zur Information. Dort soll der blinde Reisende fragen, wo der Mobilitätsservice sich befindet und da es von hier auch kein Leitsystem dorthin gibt, werden die Mitarbeiter der Information ihn um die Ecke geleiten. Wurde uns von einem Verantwortlichen so gesagt. Das stelle ich mir richtig realistisch im laufenden Betrieb vor: Eine lange Schlange an der Inforamtion und die Mitarbeiterin schafft erst einmal den blinden Reisenden zu seinem Schalter. Von dem Wunsch behinderter Menschen, selbstständig zu agieren, haben diese Leute dort jedenfalls noch nie gehört.

Also, ab 31. Oktober soll der Flughafen in Betrieb sein. Schaut es Euch selbst an, wenn Ihr könnt und wundert Euch.

Erlebt von Siegurd Seifert (Link zur Quelle)
Mit freundlicher Genehmigung des Rechteinhabers
Für Youlife.Rocks eingestellt Alexander Lang (Link zur Quelle)

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